Das in der Printausgabe nicht veröffentlichte Interview von Marko Perkovic Thompson für Frankfurter Allgemeine Zeitung – Deutsche Sprache

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Liebe Freunde, wir haben beschlossen, ein verbotenes Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu veröffentlichen.

Warum dieses Interview von einigen Medien vorsätzlich verzerrt wird, meine Worte aus dem Zusammenhang gerissen werden und warum diese führende deutsche Zeitung mich beharrlich darum gebeten hat, und als ich es autorisierte, hat dieselbe Zeitung es verboten, wen und warum mein Interview gestört hat, geben wir es zu Ihrer Beurteilung.

FAZ: Herr Perkovic, können Sie zunächst ein wenig über Ihre Herkunft und Ihre Familie erzählen? 

MPT: Wie mein Vater und meine Mutter stamme ich hier aus Čavoglave. In meinen Unterlagen ist der 1. Januar 1967 als Geburtsdatum angegeben, da es zu dieser Zeit üblich war, Kinder, die am Ende des Jahres geboren wurden, im nächsten Kalenderjahr zum Standesamt zu melden. Die Gründe dafür sind, dass die Pflichten, die im Laufe des Lebens auf junge Menschen zukommen, in der Schule und beim Militärdienst, dann erst nach einem Jahr zusätzlicher Reifung fällig werden, wenn die Menschen schon mehr körperliche und geistige Stärke für die bevorstehenden Lebensverpflichtungen mitbringen. Meine Mutter war Hausfrau und mein Vater ging als Gastarbeiter nach Deutschland.

FAZ: Er ging nach Mönchengladbach, ist das korrekt?

MPT: Ja, er war in Mönchengladbach und in anderen Orten in Deutschland. Er nahm verschiedene Jobs an, überwiegend in der Baubranche. Er zog sich einen Knochenbruch auf einer Baustelle zu. Es war damals kein leichtes Leben, der Kampf ums Dasein war hart. Die meisten jungen Leute gingen arbeitsuchend nach Westeuropa. Ganze Familien zogen hin. In unserem Fall ging der Vater alleine, und die Mutter kümmerte sich um mich und die Brüder. Ich hatte nämlich einen anderen Bruder, der als Kind starb. Zu dieser Zeit starb man auch an der Grippe, so dass ich in jungen Jahren einen Bruder verlor. Zu dieser Zeit waren die Bindungen zwischen den engen Verwandten und den Familienmitgliedern stärker, sie überlebten durch die gegenseitige Hilfe leichter. Daher war es für meine Mutter einfacher, weil mein Großvater, der die größte Autorität der ganzen Familie war, bei uns lebte. Seine Weisheit, seine Stärke und sein Fleiß haben uns zusammengehalten, und der Gemeinschaftssinn, den er in uns Enkelkindern vermittelt hat, lebt heute weiter, weil wir alle durch seine Erziehung verbunden bleiben. Er war und bleibt ein emotionaler Ankerunkt für uns. Ich habe ihm ein Lied gewidmet, es heißt “Mein Opa und ich”.

FAZ: Kam Ihr Vater denn manchmal aus Deutschland nach Hause?

MPT: Ja, mein Vater kam mehrmals im Jahr nach Hause, und seine Arbeit im Ausland brachte uns aus der schweren Armut heraus, damit wir uns bessere Lebensbedingungen sichern, ein Haus bauen und unter besseren Bedingungen leben konnten.

FAZ: Hatte man in Ihrer Familie das Gefühl, in Kroatien einem besetzten Land zu leben?

MPT: Natürlich, denn der Kommunismus war ein System, das für alle, die es nicht mochten, gnadenlos war. Alle, die ihm trotzten oder sich widersetzten, landeten im Gefängnis und wurden schikaniert und misshandelt. Damals konnte ein falsch ausgesprochenes Wort einen Menschen seinen Kopf kosten. Auch mein Vater sang bei seiner Ankunft aus Deutschland mit seinen Freunden ein patriotisches Lied und landete deswegen im Gefängnis. Sein Pass wurde ihm vorübergehend entzogen und er verlor seinen Job, kehrte später aber zur Arbeit nach Deutschland zurück. Zu dieser Zeit war es für alle, die nicht regimekonform waren, nicht möglich, in der Gesellschaft aufzusteigen und sich weiterzuentwickeln. Als wir jung waren, sprachen unsere Eltern und die Älteren sehr wenig über den Staat und die Vergangenheit, weil sie Angst hatten. Sie schützten uns vor dem System und passten genau auf, was sie vor uns sagten, weil sie Angst hatten, uns der Unterdrückung durch das System auszusetzen, das für jeden “potenziellen Zerstörer Jugoslawiens” gnadenlos war. In der Schule glaubten jedoch nur wenige von uns Kindern an diese jugoslawische Geschichte, weil wir die Erzählungen unserer Älteren mithörten und sozusagen zwischen den Zeilen aufnahmen. Unsere Eltern und die Älteren haben immer versucht, uns zu schützen und von der kommunistischen Ideologie fernzuhalten.

FAZ: Sie waren sicherlich auch ein Tito-Pionier als Kind?

MPT: Ja, natürlich mussten alle Tito-Pioniere sein und den Pioniereid ablegen. Es gab dort keine Wahl, ebenso wenig wie bei dem Wehrdienst in der jugoslawischen Armee. In jenen Jahren wussten die Kinder nicht, was ein Pionier war und was ihnen da abverlangt wurde. Aber unsere Älteren wussten sehr gut, dass sie sich dem nicht widersetzen dürfen, denn es wäre verheerend für jeden gewesen, der versucht hätte, Kinder vom Pioniereid abzuhalten.

FAZ: Damals, als Sie hier aufgewachsen sind, gab es da schon eine Kirche dort, wo jetzt die große steht?

MPT: Nein, es gab keine Kirche in Čavoglave. Wir haben diese Kirche vor ungefähr 15 Jahren gebaut. Während des Kommunismus wurde in dieser Gegend keine Kirche gebaut, abgesehen vom Mausoleum von Ivan Meštrović, den Bildhauer. Wir gingen zu unserer Pfarrkirche des Heiliigen Elias im Nachbardorf Kljaci, die im frühen 19. Jahrhundert erbaut wurde. Die Kirche war für diese Region und dieses Volk nicht nur eine geistige Stärkung, sondern auch Hüterin unserer Grundwerte wie Gott, Familie und kroatische Heimat.

FAZ: Hat es einem nicht geschadet, wenn man in die Kirche ging?

MPT: Die Kommunisten hielten die Kirche für ihren Feind und betrachteten alle mit Misstrauen, die in die Kirche gingen. Doch die Kinder wurden trotzdem in der Kirche getauft. Die meisten Kinder aus dieser Gegend gingen auch zum Religionsunterricht in die Kirche, weil es natürlich in den Schulen keinen Religionsunterricht gab. Ich erinnere mich, wie Lehrer Schulkinder dazu drängten, die Halsketten mit Kreuz abzunehmen, und wie sie jeden misshandelten, der sich zur eigenen Religion bekannte. Meine Familie besuchte die Kirche und wir wurden alle getauft, aber es gab Kinder aus anderen Familien, die heimlich getauft wurden, weil ihre Familienmitglieder in der Kommunistischen Partei waren.

FAZ: Was ist Ihre Lieblingsgestalt in der Bibel außer Jesus?

MPT: Meine Lieblingsgestalt? In der Bibel? Also, es gibt viele. Meinen Sie die ganze Bibel oder nur das Neue Testament?

FAZ: Ganz egal. Ich würde nur gern wissen, ob es eine biblische Figur gibt, die sie besonders beeindruckt hat, als Kind oder auch jetzt immer noch.

MPT: Johannes der Täufer, hier fällt mir ein. Ja, Johannes der Täufer, der Botschafter der Hoffnung. Auch die Apostel Jesu, und natürlich Maria, die Mutter Jesu, die im kroatischen Volk tiefe Spuren hinterlassen hat und die auch Königin der Kroaten genannt wird. Ich trage ein Medaillon des Heiligen Benedikt um meinen Hals als Symbol für die Bindung der Kroaten zum Christentum. Der Benediktinerorden kündet von der starken Verbindung des Christentums mit dem kroatischen Volk. Der Heilige Benedikt ist ein Schutzpatron Europas, gerade wegen der tiefen Spur des Glaubens, die er auf unserem Kontinent hinterlassen hat. Der Heilige Benedikt ist auch einer der größten Exorzisten, und die Initialen auf der Medaille, die ich um meinen Hals trage, sind ein kraftvolles Gebet, das seine Fürsprache für jeden ist, der es trägt und an dieses Gebet glaubt. Das hat mit einer Veränderung zu tun, die ich im Jahr 2000 erlebt habe. Ich habe damals eine Veränderung erfahren und das tiefe und wahre Gefühl der Zugehörigkeit zu Gott und Jesus Christus erlebt, die ich heute noch fühle. Das Medaillon des heiligen Benedikt, das ich seit 2000 um den Hals trage, erinnert mich immer noch daran. Dieser tiefe und wahre Sinn für den Glauben hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Mein Sinn für das Leben ist umfassend, und ich bemühe mich, ihn genau in meine Lieder zu integrieren, mit denen ich die Liebe Gottes als den größten Wert in unserem Leben vermitteln möchte. Heute, nach zwanzig Jahren eines stürmischen und turbulenten Lebens mit großem Druck, vielen Ungerechtigkeiten und Verleumdungen, kann ich sagen, dass mein Glaube mich bewahrt hat. Auf diesen Grundlagen des Glaubens versuche ich, meine Kinder zu erziehen. Und wenn ich meinen Kindern den Glauben vermitteln kann, könnte ich sagen, dass es mir gelungen ist, weil ich mit starkem Glauben an Jesus Christus sicherer und mutiger durch das Leben gehen und diesen wahren Sinn des Lebens finden kann.

FAZ: Sie leben heute in Split, nicht in Zagreb, ist das korrekt?

MPT: Ja. Bis vor einigen Jahren lebte ich mit meiner Familie in Zagreb. Ich liebe es hier in Split zu leben, es ist eine wunderschöne Stadt und das Klima ist gut. Ich habe hier die meisten Verwandten, und mein Heimatdorf Čavoglave ist in meiner Nähe, das ich am Wochenende gerne mit der Familie besuche. Ich liebe Zagreb und es war schön, dort arin zu leben. Wir haben gute Erinnerungen an Zagreb. Meine Kinder wurden dort geboren, mit Ausnahme des jüngeren Sohnes, der in Kanada geboren wurde.

FAZ: Warum in Kanada?

MPT: Meine Frau ist eine in Kanada geborene Kroatin, und ein Teil ihrer Familie lebt noch heute in Kanada. Sie ist ihrer Familie sehr verbunden geblieben, was sehr schön ist. Wir wollten die Umgebung ein wenig verändern, und die Hilfe ihrer Eltern war ihr wichtig, da sie eine junge Mutter war. Dann hatten wir ein Kind und wegen der Bindung zu ihrer Familie und der Hilfe, die sie brauchte, wünschte sie sich, unser zweites Kind in Kanada zu entbinden. Also gingen wir nach Kanada, aber nur kurz, für ungefähr einen Monat.

FAZ: Kommen wir zu Ihrer Musik. Wo lernt man in einem einfachen Dorf im dalmatinischen Hinterland eigentlich Noten zu lesen und ein Musikinstrument zu spielen?

MPT: Ich bin kein ausgebildeter Musiker und habe keine Musikschule besucht. Die ganze Musik, die ich mache, kommt nur vom Hörsinn und dem Gefühl für Musik. Ich habe eine Hotelfachschule abgeschlossen und Musik war mein Hobby. Jedes Instrument, das in meine Hände kam, habe ich schnell zu spielen gelernt, einschließlich der Gitarre, die mein Lieblingsinstrument war und blieb. Ich lernte, indem ich andere beobachtete und beharrlich übte. Ich fing relativ schnell an, Songs zu komponieren und zu schreiben. Es gelang mir immer besser, ich liebte Musik total, und es war eine große Herausforderung und Liebe von klein auf, die ich jeden Tag verfolgte und erforschte. In meinem Umfeld gab es keine großen Möglichkeiten für eine musikalische Entwicklung, da das traditionelle Singen und Spielen einiger Instrumente weit von der heutigen Popmusik entfernt war. Diese Musik der Vergangenheit hat jedoch einen besonderen Wert und diese Emotion wird am besten von denen verstanden, die die gleichen geografischen Wurzeln wie diese Musik haben. In der Vergangenheit konnten sich die Menschen in diesen Melodien und in der Vielfalt der Lieder wiedererkennen. Es stecken viel Reichtum und Schönheit in diesen alten Melodien, die sich auch gut in unsere Zeit übertragen lassen und eine Inspiration für zeitgenössische musikalischen Werke sein können. Diese Theorie und dieses Wissen sind jedoch nicht unbedingt erforderlich, damit ein junger Mann reifen und ein guter Musiker werden kann, der mit seiner Musik ein Publikum anzieht.

FAZ: Sind Sie für Kroatien vielleicht, was Ceca Ražnjatović für Serbien ist?

MPT: Ich weiß nicht, was ich für Kroatien bin oder was ich für jemanden bedeute! Das ist nun wirklich ein komischer Vergleich. Es gibt keine Verbindung zwischen ihr und mir.

FAZ: Ceca Ražnjatović füllt Stadien in Serbien, Sie füllen Stadien in Kroatien.

MPT: Aber unsere Musikstile sind anders. Soweit ich weiß, macht sie Turbo-Folk-Musik und ich bin ein Pop-Rock-Sänger. Das sind zwei sehr verschiedene musikalische Genres, wie zwei verschiedene Welten. Ich muss zugeben, dass ich diese Musik nicht verstehe und auch nicht fühlen kann. Ich sehe keine andere Verbindung als die, dass wir, wie Sie sagen, beide Stadien füllen. In der Musik versucht man aber nicht, Vergleiche auf der Grundlage zu führen, wer mehr oder weniger Personen versammelt.

FAZ: Haben Sie eigentlich auch ausländische Vorbilder?

MPT: Als junger Mann sammelte ich Schallplatten, verfolgte Musiktrends, hörte zu, erforschte verschiedene musikalische Bewegungen und Bands. Bands wie AC / DC, Guns and Roses und Iron Maiden haben mich tief geprägt, und ich habe damals fast alle einheimischen Pop-Rock-Bands verfolgt. Heute höre ich zum Beispiel gerne die Foo Fighters sowie die finnische Band Nightwish, deren Fortschrittlichkeit mit der Beimischung von gut produzierter Klassik interessant ist.

FAZ: Ihr Spitzname Thompson hat nichts mit Musik zu tun, er leitet sich von einem amerikanischen Gewehr ab – aber warum gerade von diesem Gewehr?

MPT: Ja, ich habe meinen Spitznamen bekommen, bevor ich der Öffentlichkeit bekannt wurde. Zu Beginn des Krieges, als wir vom serbischen Angreifer überfallen wurden, haben wir Freiwillige uns auf jede erdenkliche Weise bewaffnet, um uns zu verteidigen. Einmal, als neue Waffen verteilt wurden, wurde ich beauftragt, Flüchtlinge mit dem Auto nach Split in einem sicheren Bereich zu bringen. Deshalb war ich zu dem Zeitpunkt, als die neuen Gewehre verteilt wurden, nicht anwesend. Als ich zurückkam, gab es noch ein altes amerikanisches Gewehr aus dem Zweiten Weltkrieg, ein sehr schweres und unhandliches Gewehr, das niemand wollte, und es wurde zufällig mir zugeteilt. Die Kameraden gaben mir scherzhaft den Namen dieses Gewehrs, Thompson. Ich bin diese Gewehr dann sehr schnell losgeworden, aber der Spitzname Thompson blieb erhalten.

FAZ: Wenn Sie also an jenem Tag die Zivilisten nicht gefahren hätten, hätten Sie vielleicht einen ganz anderen Spitznamen?

MPT: Vielleicht hätte ich gar keinen Spitznamen.  Ich habe nichts gegen diesen Spitznamen und es ist eine großartige Erinnerung für mich. Es ist verbunden mit der Verteidigung gegen die Angreifer und der Errichtung einer Front in Čavoglave, die bis zum Ende des Krieges bestehen blieb und diesen Teil Kroatiens verteidigte, indem sie die Četniks und die jugoslawische Armee auf ihrem Vormarsch nach Split stoppte. Dies sind die Fakten, und dieses Ereignis wurde zur Legende. Das ehemals unbekannte Dorf Čavoglave wurde dadurch das berühmteste Dorf Kroatiens, da es den Widerstand und den Sieg im kroatischen Verteidigungskrieg symbolisiert. Mein Spitzname bezieht sich also auf die Schaffung des kroatischen Staates, an dessen Gründung ich als Freiwilliger beteiligt war, worauf ich stolz bin.

FAZ: Kommen wir zur Gegenwart. Ist es richtig, dass viele Ihrer Konzerte im Ausland verboten werden?

MPT: Hier müssen wir ein wenig in die Vergangenheit zurückgehen. In den frühen neunziger Jahren habe ich in ganz Europa an verschiedenen Veranstaltungen im Zusammenhang mit humanitären Aktionen teilgenommen, die von den in diesen Ländern lebenden und arbeitenden Kroaten organisiert wurden. Ich habe in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre auch große kommerzielle Konzerte gegeben. Es gab also keine Verbote, sondern nur Druck durch Medien und die Verbreitung von Unwahrheiten über mich als eine Art Faschist. Diese Verleumdungen kamen von verschiedenen Vereinen und einzelnen Medien. Diese Vereine und die mit ihnen verbundenen Medien wandten sich an jüdische Gemeinden in der ganzen Welt, wo ich Konzerte gab. Es ist verständlich, dass jüdische Gemeinden besonders sensibel für Phänomene des Faschismus sind, weshalb sie in den meisten Fällen leider auf Anhieb reagierten und ohne Prüfung die über mich verbreiteten Unwahrheiten glaubten. Sie haben dann Druck auf Veranstalter, Halleneigentümer und Manager ausgeübt, und es gelang ihnen, alles irgendwie zu verkomplizieren, weil die Veranstalter oder Manager dieser Hallen einem solchen Druck nicht immer standhalten konnten. Es geht also nicht um ein offizielles Verbot einer staatlichen oder städtischen Verwaltung, sondern um den Druck dieser von bestimmte Medien unterstützten Vereine. Zuerst haben Sie Druck auf die Medien ausgeübt, um meine Musik für inakzeptabel zu erklären, da sie angeblich Hass verbreite und zu Gewalt aufrufe. Trotz der Tatsache, dass meine Lieder keinen Hass und keinen Aufruf zur Gewalt enthalten, haben sie die Öffentlichkeit und diejenigen, die über solche Auftritte entscheiden, beharrlich zu überzeugen versucht und unter anderem mein Publikum beschuldigt, faschistisch zu sein. Meine Auftritte wurden als faschistische Kundgebungen verunglimpft. Natürlich ist normalerweise jeder auf den Faschismus und solche negativen Erscheinungen schlecht zu sprechen, insbesondere das jüdische Volk, das aufgrund des Völkermordes schrecklich große Verluste erlitten hat. Dort, wo meine Gegner die Unterstützung der jüdischen Gemeinde hatten, bekamen sie viel Raum in den Medien, um ihren Plan zu verwirklichen – und dieser Plan bestand immer darin, mich und mein Publikum negativ darzustellen. Letztlich ging es darum, unser kroatisches Volk als eine verbrecherische und völkermordende Nation darzustellen, die den Faschismus als ihre Weltanschauung feiert. Dies ist eine gefährliche These, die viel Schwung bekam. Das einzige offizielle Verbot eines meiner Konzerte gab es vor einigen Jahren in Slowenien. Diese Verbot wurde schließlich wieder aufgehoben, als das slowenische Innenministerium zu dem Schluss kam, dass die lokale Behörde in Maribor die vermeintliche Beweise aus den Medien abgeschrieben hatte und es keinen Vorbild für ein behördliches Verbot irgendwo in der Welt gibt.

FAZ: Aber in Deutschland oder Österreich gab es doch auch Verbote…

MPT: Es gab auch in Deutschland und Österreich keine offiziellen Verbote, aber die gleichen Unterstellungen. Die führten in einigen Fällen dazu, dass die Organisatoren aufgrund des auf sie ausgeübten Drucks aufgaben. Das haben einige Medien dann absichtlich als Verbot bezeichnet, nur um anderen zu zeigen, dass ich inakzeptabel und verboten sei. Ein solcher Eindruck wurde bewusst geschürt, und die Aktionen dazu waren geplant und synchronisiert. So haben kroatische Medien einen negativen Artikel über mich veröffentlicht und ihn an Medien des Landes weitergeleitet, in dem ich auftreten wollte. Die Medien dieses betreffenden Landes haben diesen Artikel dann in Zusammenarbeit mit den genannten Vereinen veröffentlicht, um die Veranstalter unter dem Deckmantel „Stoppt die Faschisten“ unter Druck zu setzen.

FAZ: Sie sprechen von „Vereinen“, die das Vorgehen gegen Sie koordinieren. Was für „Vereine“ meinen Sie?

MPT: Die nennen sich in der Regel antifaschistisch oder progressiv und stehen jugo-kommunistischen und großserbischen Organisationen im ehemaligen Jugoslawien nahe. Nach dieser Aktion veröffentlichten dieselben Medien Artikel, in denen beschrieben wurde, wie Vereine, die sich mit der Bekämpfung des Faschismus und ähnlicher Phänomene befassen, gegen mein Konzert protestiert haben, und das wurde dann nach Kroatien zurückgeschickt, wo es groß veröffentlicht wurde. Das war ein geschlossener Kreislauf, und so gelang es ihnen manchmal, ein Konzert von mir zu verhindern. Mit solchen Manipulationen gelang es Ihnen auch, ein Konzert in Österreich zu stoppen. Ich habe in meiner Musikkarriere mehr als hundert Konzerte in fast allen westeuropäischen Ländern gegeben, und nie habe ich Schwierigkeiten oder Druck erfahren. In letzter Zeit werde ich jedoch von bestimmten Gruppen verfolgt, als sei ich eine Gefahr für Mensch und Umwelt. Ich wünschte, es wäre nicht so und ich könnte wieder so normal auftreten wie jeder andere Musiker.

FAZ: Es heißt, Ihr Gruß „Za Dom spremni“ („Für die Heimat bereit“) sei viel älter als der faschistische Staat Kroatien im Zweiten Weltkrieg, er gehe auf das Jahr 1848 und Ban Jelačić zurück. Aber selbst, wenn das historische korrekt sein mag: Wenn ein junger Mensch heute „Za Dom spremni“ hört, denkt er doch nicht an 1848 und Ban Jelačić.

MPT: Ein junger Mensch, der heute diesen Gruß hört, denkt an den kroatischen Befreiungskrieg. Wenn ein junger Mensch heute den Gruß “Za Dom spremni” hört, denkt er an mein Lied von Bojna Čavoglava, das ein Lied aus dem Befreiungskrieg ist, das ist wahr. Dieser Gruß wurde zu Beginn des Jahres 1991 verwendet, zu Zeiten der serbischen militärische Aggression gegen Kroatien, und er wurde von allen als autochthoner und alter kroatischer Gruß angesehen, der seiner Natur und Botschaft nach ein edles Motto in sich trug, das den Schutz der eigenen Heimat forderte. Es wurde in diesem Sinne von fast allen Einheiten im Befreiungskrieg benutzt. Eine Einheit nahm ihn als offiziellen Gruß an, und einige Einheiten benutzen diesen Ausspruch auch in ihrem Wappen. Daher ist dieser Gruß fest mit dem Befreiungskrieg verbunden, nicht mit Faschismus, Nationalsozialismus und oder Chauvinismus. Dieser Gruß verbindet einen jungen Mann mit dem Befreiungskrieg, mit keinem anderen historischen Kontext. Ich wiederhole noch einmal, dass jeder, der die Begrüßung “Za Dom spremni” hört, sich auf den kroatischen Befreiungskrieg und nicht auf den Zweiten Weltkrieg bezieht. In den frühen neunziger Jahren, als der kroatische Staat gegründet wurde, während des Befreiungskrieges, stellte niemand Fragen zu diesem Gruß, weder wurde er von jemandem hinterfragt, noch wurde von jemandem als faschistischer Gruß wahrgenommen. Er wurde weder von den Medien noch einem Verein negativ wahrgenommen. Aus dieser Zeit ist kein Fall bekannt, in dem jemand eine öffentliche Ankündigung gemacht und diesen Gruß negativ charakterisiert hat. Sie behaupten, dass die Menschen damals sicherlich nicht an Ban Jelačić gedacht haben, aber für Ihre Leser sollten wir die Geschichte dieses Grußes, so wie wir in Kroatien ihn wahrnehmen und kennen, kurz anreißen. In den letzten Jahrhunderten hatten Kroaten immer einen Schlachtruf, der die Bereitschaft zum Ausdruck brachte, ihre Heimat und ihr Heimatland zu verteidigen. Sogar während des von Ihnen erwähnten Banus Jelačić rief er “Für zu Hause!” Und die Armee antwortete: “Bereit zu sterben!” Oder abgekürzt “Bereit“. In anderen historischen Perioden wurde es in verschiedenen Formen verwendet. Für Kroaten ist dieser Gruß natürlich und historisch, und zwar unabhängig davon wer ihn und wann und wo benutzt hat. Er ist durch seine Verwendung zwischen 1941 und 1945 einer breiten europäischen und weltweiten Öffentlichkeit bekannt, aber wir Kroaten kennen ihn von vorher und nachher, insbesondere von den jüngeren Generationen, die ihn ausschließlich an den Befreiungskrieg bindet. Was die Serben betrifft, die zu dieser Zeit in Kroatien lebten, muss ich sagen, dass diejenigen, die Kroatien als ihren Staat akzeptierten, sich an diesem Gruß nicht störten. Wie die Kroaten haben ungefähr 10.000 von ihnen ihre Heimat verteidigt. Und was die Serben betrifft, die Anfang der neunziger Jahre gegen den kroatischen Staat rebellierten – leider war das die Mehrheit: Was sie über diesen Gruß oder ein kroatisches Symbol dachten, ist nicht der Rede wert, weil sie mit Hilfe der Jugoslawischen Volksarmee und der Četniks einen Drittel Kroatiens besetzt hatten und dabei schreckliche Verbrechen begingen und kroatische Städte und Dörfer zerstört haben.

FAZ: Aber deutsche oder österreichische Beamte, die entscheiden müssen, ob Sie ein Konzert geben dürfen oder nicht, haben nie von Banus Jelačić gehört und werden sich auch nicht im Detail mit der kroatischen Geschichte befassen. Für sie ist die Verbindung zum kroatischen Faschismus offensichtlich. Warum lassen Sie diesen Gruß nicht einfach weg?

MPT: Ich glaube, dass deutsche und österreichische Beamte nicht von Banus Jelačić gehört haben, aber ich glaube nicht, dass sie von diesem Gruß gehört hätten, wenn dieser Druck nicht absichtlich ausgeübt worden wäre, um den kroatischen Heimatkrieg zu kompromittieren und so zu tun, als hätten Opfer und Angreifer gleichermaßen Schild. Deshalb will man diesem Volke den Faschismus mit seiner genozidalen Natur um jeden Preis aufzwingen. Wer bei uns ein Haar in der Suppe sucht, wird immer fündig. So gesehen, würde die Rechtfertigung kein Ende finden. Der Gruß “Za Dom spremni” ist Teil unser Emotion und unserer Symbolik des Befreiungskrieges, und die uns wichtig ist. Unter diesem Motto sind unsere Freunde und Kameraden gefallen. Auf die Symbolik des kroatischen Befreiungskrieges zu verzichten bedeutet, sich selbst zu verleugnen. Wir, die bereit waren, unser Leben für das Haus zu geben, würden uns dann als diejenigen aufgeben, die ihr Leben für die Heimat gaben.

FAZ: Aber stimmen Sie zu, dass unter dieser symbolischen Grußformel auch Serben und Juden in Kroatien umgekommen sind?

MPT: Leider starben sie unter verschiedenen Symbolen, aber nicht nur Serben und Juden, sondern auch Kroaten auf allen Kriegsseiten. Ich glaube nicht, dass sie wegen der Symbole starben, sondern wegen der kranken Köpfe, die Satans Pläne verfolgten. Natürlich verurteile ich, der zur Generation der siegreichen Armee aus dem Befreiungskrieg gehört, diese und jedes andere Verbrechen, die von verschiedenen Regimen begangen wurden, damit sich diese nie wieder wiederholen. Seien Sie versichert, dass im Namen dieses Grußes im Befreiungskrieg kein Mord begangen wurde – wir haben das Heimatland unter diesem Gruß verteidigt.

FAZ: Aber dann dürfen Sie sich eigentlich nicht beschweren, wenn Sie missverstanden werden im Ausland.

MPT: Sie sagen, man versteht mich falsch! Ich bin froh, dass auch Sie sehen, dass sie mich falsch verstehen. Mein erstes Lied „Bojna Čavoglava“ ist 1991 entstanden. Ich habe es hier im Dorf geschrieben, und es beginnt mit dem Ruf “Za Dom spremni”. Dieses Lied wurde vier Jahre lang rauf und runter gespielt, 1000 Mal täglich, in allen Fernseh- und Radiosendern in Kroatien und Bosnien und Herzegowina, und niemand fragte sich jemals, ob es gut oder schlecht sei, mit ” Za Dom spremni” zu beginnen. Nach dem Regierungswechsel im Jahr 2000 wurde das Lied jedoch verfolgt und von linken Gruppierungen unter dem Banner der Hassrede buchstäblich verboten und verurteilt. Ungeachtet der Tatsache, dass dieses Lied aus dem Heimatkrieg stammt und zu einem der Symbole dieses Krieges geworden ist, erinnert seine Aufführung auch heute an den Heimatkrieg. Als ich es bei einer Feier zum Tag des Sieges aufführte, erhielt ich einen Anzeige von der Polizei und wir landeten vor dem Gericht. Natürlich hat das Gericht zu meinen Gunsten entschieden, und dies hat das Obergericht für Ordnungswidrigkeiten in einer Sitzung aller Senate bestätigt. Ich möchte sagen, dass viele absurde Situationen aus der Politik kommen und in diesem Fall liegt buchstäblich politische Verfolgung vor. Dieser Gruß, der ein Bestandteil meines Gedichts ist, wird mit Nachdruck zum faschistischen Gruß erklärt, unabhängig von seiner Geschichte, wie bereits besprochen – nur um Kroatien zu kompromittieren.

FAZ: Natürlich sind die kroatische und die deutsche Geschichte nicht gleich, aber in Deutschland zum Beispiel werden gewisse Begriffe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs nicht mehr verwendet. Sie sind  nicht illegal, aber die Faschisten haben sie verdorben.

MPT: Ich denke, es gibt keine Möglichkeit, Deutschland aus dem Zweiten Weltkrieg mit Kroatien aus dem Befreiungskrieg zu vergleichen. Wir haben niemanden angegriffen. Wir haben uns in Kroatien gegen den Angreifer verteidigt. Dieser Gruß wurde im Heimatkrieg sowie in vielen anderen Augenblicken der kroatischen Geschichte verwendet. Viele starben mit diesem Gruß, ihre Heimat verteidigend. Dieser Gruß wird hauptsächlich von denen abgelehnt, die Kroatien angegriffen haben sowie deren Sympathisanten. Sie sehen, hier in Kroatien hatten wir den Kommunismus, der von ganz Europa verurteilt wurde. Dieses System hat Millionen von Menschen getötet. Es war kriminell und völkermordend und hatte das gleiche Symbol wie die antifaschistische Bewegung und die Arbeiterbewegung, einen fünfzackigen roten Stern Für mich ist das Symbol des roten Sterns ein Symbol für das Leiden des kroatischen Volkes. Unter diesem Symbol wurden kroatische Städte und Dörfer im Heimatkrieg zerstört, Menschen wie in Kreuzzügen getötet, gefoltert und in kommunistischen Kerkern eingesperrt. Heute sieht man denselben fünfzackigen roten Stern auf den Köpfen von Prominenten, auf Kleidern, auf einer Flasche Heineken-Bier und dergleichen. Das gleiche Symbol steht für den Kampf für Arbeiterrechte, den Kampf gegen den Faschismus, monströse kommunistische Verbrechen, Bier, Kleidung und wer weiß was noch. Dementsprechend sollte der Kontext von Zeiten und Ereignissen, in denen bestimmte Symbole verwendet werden, berücksichtigt werden – ebenso wie der Einfluss von Leute, die die Macht haben, jede Symbolik nach eigenem Ermessen zu interpretieren. Eines der größten Symbole eines Landes ist seine Hymne. Sie ändert sich nicht, unabhängig vom Regime an der Macht oder seiner Währung und anderen verschiedenen Namen oder Sprüchen und Grüßen. Ich denke, dass alle kroatischen Politiker für die Symbolik des Befreiungskrieges eintreten sollten, weil dieser Befreiungskrieg ihnen erst ermöglichte, das zu werden, was sie sind. Leider kämpfen viele kroatische Politiker nur für die Kuna, unsere Währung – und paradoxerweise ist die Kuna der einzige Name, der tatsächlich aus dem „Unabhängigen Staat Kroatien“ herrührt. Dieser Name für die kroatische Währung existierte zuvor nicht – der Gruß „Za Dom spremni“ schon.

FAZ: In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ heiß es 2007 über Sie: „Es führt in die Irre, wenn Thompson mit Neonazi-Bands auf eine Stufe gestellt wird. Thompson predigt nicht offen den Hass auf Minderheiten oder Ausländer, vielmehr kennzeichnet ihn absoluter Mangel an Empathie für die Opfer von Gewalt, sofern sie nicht der heiligen kroatischen Nation entstammen.“ Halten Sie das für ein ungerechtes Urteil?

MPT: Es ist nicht nur ungerecht, sondern auch eine diffamierende These, die an den gesunden Menschenverstand grenzt! Solche Interpretationen, laut denen ich kein Mitgefühl für Opfer von Gewalt habe, sind falsch. Ich bin Christ und Familienvater, und natürlich tun mir alle Menschen leid, die in Not sind – egal wer sie sind oder woher sie kommen.

FAZ: Im Jahr 2004 hat sich die kroatische Bischofskonferenz gegen Ihre Lieder ausgesprochen mit der Begründung, sie seien in einer Sprache des Hasses geschrieben, die mit den Errungenschaften der christlichen Zivilisation nichts zu tun habe.

MPT: Das war nicht ganz so. Ein Priester, der in der kroatischen Bischofskonferenz arbeitete, war sehr verärgert, als er im Fernsehen den widerlichen und unangemessenen Beitrag sah, den Denis Latin in seiner Talkshow gezeigt hatte, und dabei behauptete, er sei von mir gemacht worden. Er glaubte dieser Lüge und ging an die Öffentlichkeit, verurteilte mich, sah dann jedoch sehr schnell, dass es um eine Montage handelte. Die kroatische Bischofskonferenz hat meine Arbeit oder meine Lieder nie verurteilt, denn sowohl in meinen Liedern als auch in meiner Arbeit gibt es nichts, was zu Hass aufruft. Ich wiederhole, sie haben nie eine solche Aussage über mich und mein Publikum gemacht, ganz im Gegenteil. Bei einem meiner Konzerte, nach einer Provokation durch eine Person, die eine Ustascha-Kappe auf den Kopf setzte und dann viel Medienstaub aufwirbelte, verurteilte die Bischofskonferenz diese Tat und diesen Provokateur öffentlich, wie ich sie auch verurteilte. Es ging den Bischöfen also nicht darum, mich und meine Lieder zu verurteilen, wie auch bei anderen Erscheinungen, die es hier und da gab.

FAZ: Stimmt es, dass Ihr Album „Ora et labora“ am 10. April 2013 herausgekommen ist, also dem Jahrestag der faschistischen Machtübernahme in Kroatien 1941?

MPT: Ich denke, es war der 12. April. Ich kenne diese Geschichte, es war ein Gerücht, das von einem linken Medienhaus kam. Es war nur eine weitere Routine in einer Reihe von Provokationen.

FAZ: Also ist das Album nicht der 10. April erschienen?

MPT: Nein, es war der 12. April in den Croatia-Records Geschäften, meinem Verlagshaus, bei dem ich alle meine Songs veröffentlicht habe.

FAZ: Kommen eigentlich oft Leute mit irgendwelchen Ustaša-Symbolen in Ihre Konzerte?

MPT: Ich erinnere mich sehr gut an mein großes Konzert auf dem Banus-Jelačić-Platz in Zagreb mit 130.000 Zuschauern im Jahr 2007. Da war ein jungen Mann im Alter von 20 Jahren im Publikum, der eine Ustascha-Mütze trug. Ich habe ihn beim Konzert nicht einmal gesehen, aber die Medien haben ihn gesehen und jemand hat ein Foto von ihm gemacht. Das kam sofort in allen Medien heraus und wurde zu einer großen Affäre. Natürlich haben wir es verurteilt, aber erst fünf oder sechs Tage später haben wir von seinen Motiven erfahren.

FAZ: Nämlich?

MPT: Er gab zu, dass er 500 Kuna von einer unbekannten Person erhalten hatte, um eine Mütze aufzusetzen. Einige behaupten, dass er dieses Geld von einem Journalisten erhalten habe.

FAZ: Also haben Journalisten den Skandal erschaffen?

MPT: Die Journalisten haben das nicht nach den Regeln des Handwerks recherchiert.

Ich kenne einige Fälle, an denen Journalisten beteiligt waren. In diesem speziellen Fall weiß ich nicht, ob es Journalisten waren. Auf jeden Fall gab er gegenüber der Polizei zu, 500 Kuna erhalten zu haben. Es gibt heute weder solche Provokationen noch solche Vorkommnisse. Unabhängig davon, ob jemand über diese Erscheinungen unzufrieden ist, kann ich nicht wissen, was sich im Publikum abspielt, und es ist auch nicht meine Aufgabe, den Menschen zu sagen, wie sich jemand zu verhalten oder anzuziehen hat. Militärische Insignien werden bei Gedenkfeiern, Jubiläen und dergleichen getragen, und nicht bei Konzerten. Ich habe wiederholt gefordert, dass keine Insignien getragen werden, es sei denn, wenn man denn ein solches Bedürfnis hat, solche der kroatische Siegerarmee aus dem Befreiungskrieg oder die kroatische Nationalflagge. Meine Konzerte fanden weder in einer negativen Atmosphäre statt, noch trugen eine solche Botschaft. Ganze Familien kommen zu meinen Konzerten, und ich fühle immer den Geist der Gemeinschaft, was eine besondere Inspiration für mich ist, Lieder zu komponieren, die uns verbinden.

FAZ Es heißt, der Titel Ihres Liedes „Ljuta trava na ljutu ranu“ basiere auf einem Zitat von Ante Pavelić

MPT: Nein, das ist eine alte kroatische Redeweise.

FAZ: Und wofür steht sie?

MPT: Dass man auf Gewalt mit Gewalt antwortet. Das Lied wurde 1993 aufgenommen, als ein Drittel Kroatiens besetzt war und Kroatien große Verluste und schreckliche Verwüstungen erlitt. Dieses Lied hat eine ganz andere Botschaft als die, auf die Sie anspielen.

FAZ: Aber dann heißt es in diesem Lied auch: „Bereite mir das alte Hemd vor, hol es aus dem Schrank, es wird meinem Sohn passen, wie es schon meinem Vater und meinem Großvater gepasst hat.“ Da ist natürlich die Assoziation an die faschistischen Schwarzhemden.

MPT: Nein, das Hemd ist nur ein Symbol des Erbes, des Transfers von Generation zu Generation, in der Tat ein metaphorischer Ausdruck für die Bewahrung grundlegender Werte wie Freiheit, Familie, Heimat, für die im Laufe unserer Geschichte alle Generationen gekämpft haben, einschließlich meiner eigenen Generation, die diese Freiheit erkämpft hat. In diesem Gedicht heißt es nur, dass ich durch das Symbol des Hemdes diese hart erkämpfte Freiheit als das Erbe meinem Sohn überlasse und unsere Grundwerte schütze.

FAZ: Was ist für Sie der Unterschied zwischen einem Patrioten und einem Faschisten?

MPT: Ich habe noch nie einen Faschisten getroffen und weiß nicht, ob sie heute existieren. Der Faschismus gehört der Vergangenheit an. Wir wissen, dass der Faschismus eine negative und der Patriotismus eine positive Erscheinung ist. Leider wird Patriotismus von einige oft Faschismus genannt, damit sie ihren Chauvinismus oder Kommunismus verteidigen, wie mein Lied ungefähr sagt.

FAZ: Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang: Wie bewerten Sie Ante Pavelić und seine Rolle in der kroatischen Geschichte?

MPT: Ich möchte dies für mich behalten, aber das Thema nicht vermeiden, denn ich bin kein Historiker, und ich bin weniger kompetent als andere, die das Thema diskutieren und ihre Meinung veröffentlichen könnten. Natürlich interessieren wir uns alle für Geschichte, und ich auch, aber es wäre unbescheiden, wollte ich eine Einschätzung zu einer bestimmten historischen Rolle abzugeben, anstatt sie den Historikern und dem Urteil der Zeit zu überlassen. Wenn Sie auf die Verbrechen anspielen, die mit der historischen Rolle von Ante Pavelic zusammenhängen, muss ich Ihnen natürlich sagen, dass ich alle Regime verurteile, wenn sie Verbrechen begangen haben, ob faschistisch, kommunistisch oder andere.

FAZ: In Ordnung, Sie müssen hier gar nichts beantworten, wenn Sie nicht wollen. Anders gefragt: Es gibt da im Internet Audioaufnahmen eines Liedes namens „Jasenovac i Gradiška stara“, und Sie sagen da, das sei ein Lied, das ihre Großväter schon gesungen haben und stolz darauf waren. Einmal haben Sie gesagt, Sie hätten das Lied nie gesungen, dann wieder, sie hätten es gesungen, seien aber betrunken gewesen, und dann wieder nicht. Jetzt wüsste ich gerne: Haben Sie das gesungen, oder haben Sie nicht?

MPT: Ich habe auch nicht gesagt, dass ich betrunken war oder dass unsere Großväter es gesungen hätten, und ich weiß nicht, woher es kam. Ich bin weder der Autor dieses Liedes, noch habe ich dieses Lied jemals aufgenommen, noch war es jemals ein offizieller Teil meines Repertoires. Dieses Lied widerspricht inhaltlich meiner Weltanschauung und Ideologie, zu der ich gehöre. Mich mit diesem Lied zu verbinden, ist beleidigend für mich, und ich lehne solche Unterstellungen, die mir nur schaden sollen, entschieden ab.

FAZ: Der Text dieses Liedes ist jedenfalls widerlich.

MPT: Natürlich ist er widerlich. Es ist ein Anschlag gegen das kroatische Volk und eine reine Erfindung jener, die diese Nation um jeden Preis als kriminell, unmenschlich und primitiv darstellen wollen. Und es gibt einige Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anschlag vom jugoslawischen Geheimdienst ausgeheckt wurde.

FAZ: Es ist also eine Montage?

MPT: Genau. Bekannte kroatische Journalisten habe das montiert, ihn in ihren Talkshows veröffentlicht und ankündigt, als sei es ein Beitrag von mir. Dieser schmutzige Streich wurde zuerst von Denis Latin und Aleksandar Stanković platziert und später an andere Medien weitergegeben. Es war vor 20 Jahren, und zu Beginn dieses Skandals glaubte ich nicht, dass irgendjemand an eine solche Erfindung glauben würde, also ignorierte ich sie. Aber an Ihrer Frage kann man sehen, dass sie sich bis heute hinzieht. Ich habe auch eine Klage gegen die Journalisten eingereicht, die jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen und wegen Verjährung ungeschoren davonkamen. Wenn ich es mir heute anschaue, sehe ich, dass es sich um eine größere Aktion handelte und dass sie auf Geheiß antikroatischer Gruppen eingefädelt wurde, da sie mich, meine Lieder und mein Publikum kompromittieren und Kroatien umso mehr schaden.

FAZ: Sie verurteilen diesen Text also eindeutig?

MPT: Natürlich verurteile ich ihn! Ich würde jeden begrüßen, der zu mir käme und mich befragte zu meiner Arbeit und zu allem, was mir untergeschoben werden soll, wie es auch bei diesem banalem Lied im Internet der Fall ist, das Sie zitieren.

FAZ: Banal ist wohl nicht das richtige Wort für dieses Lied.

MPT: Es ist banal, weil es unglaublich ist, dass jemand so etwas glauben kann. Wer kann ernsthaft glauben, dass Zehntausende von Menschen zu Konzerten kommen, um einen Sänger zu sehen und zu hören, der Lieder singt, die Verbrechen verherrlichen?! Wer verbreitet solche Lügen und warum? Wen und warum stören meine Konzerte? Es geht hier nicht nur um mich, es geht um viele Leute, die sich um meine Songs versammeln wollen. Sie werden so etwas nirgendwo sonst auf der Welt finden, schon gar nicht in Europa. Und aufgrund solcher Manipulationen und Verfolgungen bin ich vom deutschen und österreichischen Markt und damit von meinem Job abgeschnitten, weil ich von meinen Konzerten lebe. Ich habe mehr als 100 Konzerte in Deutschland gehabt, sogar in großen Hallen mit mehr als 10.000 Menschen. Dies waren alles wunderbare Konzerte, bei denen nur Patriotismus zu hören und zu sehen war, nicht Faschismus, wie manche uns unterjubeln wollten. Sie tun nicht nur mir großes Unrecht, indem sie das Recht auf Arbeit, das eines der grundlegenden Menschenrechte ist, in Frage stellen, sondern auch meinen Mitarbeitern und natürlich meinem Publikum, das bei jedem angekündigten Konzert in demokratischen Ländern wie Deutschland oder Österreich fürchten muss, dass jemand sie als Faschisten bezeichnet oder dass das Konzert, zu dem sie kommen wollen, nicht stattfinden kann.

 

Deutsche Welle o Thompsonu i intervjuu s njim za Frankfurter Allgemeine Zeitung

 

Thompson blog/http://www.thompson.hr/blog/Hrvatsko nebo